22.02.2023 | Gründerzeit in der Kulturwirtschaft? Nicht im Kunstmarkt.

Jetzt ist es auch amtlich: Neugründungen im Kunstmarkt sind rückläufig. Das lässt sich einem Bericht entnehmen, der kürzlich im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erschienen ist.

Laut der Studie hat der Kunstmarkt zum Gründungsgeschehen innerhalb der gesamten Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland im Jahr 2021 mit 1,5% beigetragen. Der Buchmarkt lag – ebenfalls abgeschlagen – mit 2,6% etwas höher, das Schlusslicht bildet die Rundfunkwirtschaft mit 0,8%. Im Vergleich dazu der Gründungsanteil der Games-Industrie: 44,7%. Mit über 4.400 neuen Unternehmen ist sie der Spitzenreiter. Die Anzahl im Kunstmarkt wird mit 150-300 Neugründungen angegeben – was viel zu hochgegriffen ist.

Die Studie erfasst die Jahre 2017 bis 2021 und es wird deutlich, dass Neugründungen im Kunstmarkt bereits vor der Corona-Krise stetig zurückgegangen sind.

Leider wird die Struktur der unterschiedlichen Sparten der Kultur- und Kreativwirtschaft nicht detailliert untersucht. Man erhält auch keine Antworten auf die Frage, warum die Gründungsaktivitäten im Kunstmarkt so gering sind. Einige Aussagen zeigen dem Insider, dass hier Leute am Werk waren, die nicht so recht wissen, was der Kunstmarkt eigentlich ist. Begriffe wie „Galerie“ oder „Kunsthandel“ erzielen bei der Suchfunktion null Treffer. Die Daten basieren auf Angaben von Creditreform, die auf das Handelsregister und Recherchen zur Kreditwürdigkeit von Unternehmen zurückgreifen.

Allein diese Quelle zeigt, woran es bei Betriebsgründungen im Kultursektor generell hakt: am Geld. Das finanzielle Risiko wird denn auch an erster Stelle von 16 sogenannten „Gründungshemmnissen“ genannt. Dazu zählen: zu wenig betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Netzwerke, ein Mangel an Zugang zu Kunden und Förderungen sowie das fehlende Polster zur eigenen Existenzsicherung. Zu den positiven Aspekten zählen, dass Firmengründer im Kulturbereich generell sehr gut ausgebildet, hochmotiviert und wertegetrieben sind, klein starten und ausgewogen wachsen wollen, innovativ arbeiten und über eine erhebliche digitale Fitness verfügen. Vor allem letzteres, so das Fazit der Studie, verschafft ihnen in Zukunft Wettbewerbsvorteile gegenüber klassischen Geschäftsmodellen.

Die Autoren adressieren folgende Vorschläge an die Politik: Das Gründungsklima muss verbessert, die finanziellen Rahmenbedingungen optimiert und der bürokratische Aufwand abgeschmolzen werden. Eingeführt werden sollten: Stipendien für Gründungswillige, Weiterbildungsangebote sowie die Förderung von Netzwerken und einer „Entrepreneurship Culture“. Das hört sich prima an, steht aber in den Sternen. Was seitens des Bundes bereits geschaffen wurde, um Jungunternehmern eine Orientierung zu bieten, ist eine Gründerplattform – doch die ist nicht spezifisch für den Kulturwirtschaftsbereich und schon gar nicht für den Kunstmarkt ausgelegt.

Der BVDG würde speziell für den Kunstmarkt ergänzen – und zwar nicht nur für Gründer von Galerien, sondern für all die fabelhaften Galerien, die schon da sind: bessere Rahmenbedingungen schaffen und die strapaziöse Bürokratie abspecken. Und am wichtigsten: den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Galerien wieder einführen.

Die unterschiedliche Besteuerung von Künstlern (7%) und Kunsthandel (19%) stellt für jede Galerie eine Zumutung dar und hat schon seit 2014 zu einem Galeriensterben geführt. Durch eine neue EU-Richtlinie ist die Wiedereinführung der Umsatzsteuerermäßigung für Galerien ermöglicht worden, Deutschland muss sie jetzt lediglich umsetzen. Dies ist nicht nur Aufgabe des Bundesfinanzministers. Die Staatsministerin für Kultur und Medien und das Bundeswirtschaftsministerium haben den klaren Auftrag, sich für die Belange der Kultur- und Kreativwirtschaft ins Zeug zu legen. „Wir setzen uns für eine starke Kulturszene und Kreativwirtschaft ein, die fortbestehen und erblühen kann.“ So steht es im Koalitionsvertrag, schöner kann man es nicht sagen. Und nun bitte: Handeln!

Index Gründungsintensität