25.11.2014 | Im Dialog # 4: Start-up: Wie digital wird der Kunstmarkt? | Berlin
Welche Erfolge verzeichnen digitale Geschäftsmodelle in der Kunstszene bereits, auf welche Aussichten hoffen sie? Und wie beeinflusst diese Entwicklung die Arbeitsweise von Galerien?
In der Reihe „Im Dialog – der BVDG lädt ein“ wurden diese und andere Fragen am Dienstag, 25. November 2014 unter dem Motto „Start-up: Wie digital wird der Kunstmarkt?“ in der Berliner Galerie SCHLEICHER/LANGE diskutiert.
Euphemia von Kaler (curart), Ivo Wessel (iCodeCompany), Max Schreier (artsy) und Luise Gruner (Axel Springer Plug & Play) eröffneten unterschiedliche Perspektiven auf das Thema und berichteten von diversen Gesschäftsmodellen. Moderiert wurde das Gespräch von Thea Dymke (BVDG).
Euphemia v. Kaler vertritt mir ihrer Online Galerie curart junge Kunststudenten und –absolventen und führt diese mit noch unerfahrenen Kunstkäufern zusammen. Max Schreier erklärte, dass Artsy mithilfe des „art genome projects“ Künstler und Werke durch unterschiedliche Merkmale klassifiziere und den Nutzern anschließend personalisiert empfehle. Luise Gruner skizzierte die Idee des Axel Springer Plug & Play Accelators, der Start-ups in einem dreimonatigen Programm durch workshops, tutorials und eine Anschubfinanzierung unterstützt. Ivo Wessel erklärte, digitale Projekte seien aus seiner Sicht einzig als mobile Apps zukunftsfähig, um unterwegs jederzeit griffbereit zu sein. Wessel plädierte dafür, das Wissen von Kunstsammlern verstärkt in die Entwicklung neuer Geschäftsideen miteinzubeziehen.
Die Gespräche zeigten vielfältige Anforderungen an digitale Geschäftsmodelle in der Kunstszene auf: Durch die Gestaltung von technisch ausgereiften und ästhetisch ansprechenden Plattformen kann es gelingen, digital jene Zielgruppen anzusprechen, die klassische Galerien eher meiden. „ Artsy encourages everyone to go into a gallery.“ (Max Schreier) Auch Curart spricht neue Zielgruppen an und bestärke sie nicht zuletzt durch das Wissen, mit ihrem Kauf ein junges Talent unterstützt zu haben. Dabei begreifen sich artsy und curart eher als Ergänzung denn als Konkurrenz zu traditionellen Galerien. Durch einen niedrigschwelligen Zugang ermunterten sie auch Kunst-Unerfahrene und ebneten künftig bestenfalls den Weg in Galerien. Wichtig sei dafür eine individuelle Ansprache der Nutzer, die sowohl über personalisierte Profile, als auch über die Vernetzung der Nutzer untereinander unterstützt werden müsse. Die Integration des von Facebook & Co. seit Jahren vorgelebten ‚sozialen Aspekts‘ sei dabei wesentlich. Ein zentrales Gut im Kunstmarkt sei das Vertrauen der Beteiligten zu einander. Technische Kommunikation könne den persönlichen Kontakt daher nicht ersetzen, sondern müsste zunächst vertrauensbildenden Maßnahmen implementieren.
„Viele junge Leute greifen morgens im Bett eher zum Smartphone als zur Freundin“, warf Ivo Wessel ein. Darüber, welche Seiten diese dann besuchen, entscheiden maßgeblich die Geschichten, die dort erzählt werden. Doch während die kommunikative Einbettung von Kunstwerken in ihren Kontext, Erläuterungen zu Entstehung und Bedeutung der jeweiligen Arbeit offline selbstverständlich sind, werden im Netz zumeist nur die materiellen Koordinaten einer Arbeit genannt. Nicht zuletzt dieser Mangel bedinge die oft eher seelenlos wirkende Präsentation von Kunst im Internet. „Vielleicht ist die Aura nichts anderes, als eine Geschichte zu erzählen.“ (Wessel
In jedem Fall müssen Online- und Offlinebereich im Rahmen neuer Geschäftsideen zusammengedacht werden: Neue digitale Strukturen sollten Nutzer jederzeit mobil begleiten, netzübergreifenden Austausch und Zusammenarbeit fördern. Diesem Anspruch verpflichtet sich auch der BVDG mit seiner Gesprächsreihe „Im Dialog“ – und dankt allen Anwesenden für den regen Austausch an diesem Abend.
Abbildung: Im Dialog - der BVDG lädt ein | Galeier Commeter Hamburg | Fotos Rica Rosa