22.11.2023 | Grußwort | ART COLOGNE-Preis 2023 für Walther König
Grußwort von Kristian Jarmuschek, Vorsitzender des BVDG
anlässlich der Verleihung des ART COLOGNE-Preises am 17. November 2023 an Walther König im Historischen Rathaus zu Köln
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
lieber Herr Böse, verehrte Gäste,
liebe Jutta Linthe, sehr geehrter Herr Prof. Speck,
lieber, verehrter Walther König,
was wäre die Kunst ohne Bücher?
Was wäre die ART COLOGNE ohne diesen besonderen Stand im Eingangsbereich?
Wo sich vor allem abends eine Menschentraube bildet? Vertiefte und Gebeugte, Besucher – wie das Wort schon sagt: Sucher –, die vielleicht hier finden, was sie auf der Art Cologne sahen? Nicht als Kompensation, nicht als „Ad On“ – sondern als Objekt ganz eigener Dignität: ein Buch, eine Monographie, ein Werkverzeichnis, einen ganz bestimmten Ausstellungskatalog.
Walther König war von Anfang an dabei: im Gürzenich, später in der Haubrich-Kunsthalle, dann die vielen Jahrzehnte auf dem Deutzer Messegelände – erst in den Rheinhallen, jetzt in Halle 11.
Sein Stand ist Vor- und Nachspiel der ART COLOGNE.
Wer kennt sie nicht, diese innere Stimme beim vormittäglichen Vorbeilaufen, die da ruft: „STOP! Stehen bleiben!“ Spätestens abends ist es dann um einen geschehen. Am König-Stand fühlt man sich sofort als Teil einer Community. Zeitvergessen reiht man sich mit dem letzten Gongschlag – die Messe schließt nun ihre Pforten – mit ein, zwei, drei oder mehr Büchern in die Reihe vor der Kasse ein. Eine schönere Bindung und Erinnerung an die jeweilige ART COLGNE gibt es nicht.
Abgesehen natürlich vom Kauf eines Kunstwerkes.
Walther König ist ein Solitär und wahrlich der Hidden Champion der Kunstwelt. Warum bekommt er den ART COLOGNE-Preis für Kunstvermittlung erst jetzt?
Wo er doch Kunstvermittlung par excellence lebt und praktiziert? Wo er doch für die gesamte Kunstszene gleichermaßen wichtig ist – für die Künstler, Museen, Kunstvereine und Galerien, mit denen er unfassbar viele Bücher von höchster Qualität verlegt hat? Für Scharen an Kunstfreunden, Wissenschaftlern, Spezialisten, Betrachtern, Lesern. Und: Für Jeden, der nur mal eben eine Postkarte oder einen Shop-Artikel im Museum kaufen will?
Warum also erst jetzt? Auf diese Frage gibt es nur eine Antwort. Walter König ist uns allen so nah, ist so sehr Teil der ART COLOGNE, er ist nicht nur Köln, sondern dem Kunstbetrieb so sehr verbunden. Man hatte ihn – für den Preis – nicht im Auge, weil er immer da ist. Aber heute ist es soweit.
Und im Angesicht seines Lebenswerkes gibt es nur eines: eine tiefe Verbeugung.
Letzten Sonntag habe ich vor einem einzigen Regalmeter meiner Bibliothek die Probe aufs Exempel gemacht. Wenigstens die Hälfte der Bücher hat Walther König - entweder direkt oder in Kooperation mit einer Institution - verlegt. Oder sie liefen über seinen Vertrieb. Oder ich habe sie in einem seiner Museumsshops oder temporären Bookstores bei großen Ausstellungsevents gekauft. Oder eben auf der ART COLOGNE.
Der König hat auch eine Königin - und sie heißt Jutta Linthe. Mit der Bibliografie der Kunst- und Kulturgeschichte im Kopf ist sie – und das kann jeder beobachten, der etwas länger in der Ehrenstraße 3 verweilt – eine Glücksbringerin. Der Dank der Kunden ist überschwänglich, wenn sie ein lang gesuchtes Buch über Englands "Manor Houses", einen ganz bestimmten Ebenisten am spanischen Hof, illuminierte Kirchenfenster, koreanische Keramik oder ein vergriffenes Design-Handbuch irgendwo in den zahllosen Regalen und Winkeln des Ladens gefunden, antiquarisch aufgetrieben oder in einem abgelegenen Verlag bestellt hat.
Die Geschichte des bürgerlichen Kunstmarkts ist mit dem Buchhandel aufs engste verknüpft. Oft ging ein Kunsthandel aus einer Buchhandlung hervor oder damit einher. Ein Beispiel, bloß ein paar Ecken von hier entfernt: 1838 gründeten zwei Neffen der bedeutenden Sammlerbrüder Boisserée in der Minoritenstraße ihre Buch- und Kunsthandlung. Das Unternehmen existiert bekanntlich bis heute, jetzt „nur“ noch als Galerie.
Auch in Zeiten flüchtigen, digitalen Informationskonsums ist es für Künstlerinnen und Künstler enorm wichtig, ihre künstlerische Arbeit in Gestalt einer gedruckten Publikation in den Händen zu halten. Nichts dokumentiert künstlerische Konzepte, Anspruch und Anschauung, Kontinuität und Werkgenese so sehr wie ein Buch.
Zitat: „Für uns ist es wichtig, ein Verlag für Künstler zu sein. Wir haben mit Künstlern zusammengearbeitet, lange bevor sich irgendwer für sie interessierte. Langfristigkeit ist uns wichtig. Wir stehen zu unseren Künstlern. … Es befriedigt mich sehr, ein Geschäftsmann zu sein. Ich wollte nie Bibliothekar werden. Ich mag Bücher und mag genauso sehr, mit ihnen zu handeln.“
Diese Sätze von Walther König stammen aus einem Interview mit Hans Ulrich Obrist. Fast genauso könnten sie von uns Galeristen gesagt werden. Die Nähe zu den Künstlern, frühzeitig an ihrer Seite zu stehen, ihre Werke zu mögen und ebenso den Handel mit ihnen: Walther König arbeitet eigentlich ganz ähnlich wie eine Galerie. Nur dass er keine Ausstellungen macht, sondern Bücher.
Der BVDG hat auf der ART COLOGNE eine kleine Präsentation zu Ehren – und mit Leihgaben – von Walther König ausgerichtet. Dafür hat er uns unter anderem seinen ganz persönlichen „Walther König-Lese-Adler“ von Jörg Immendorf anvertraut. Die Skulptur ist eine Zu-Gabe zu einem herrlichen Geburtstagsbuch, mit dem der Jubilar vor fast 25 Jahren zum Sechzigsten überrascht wurde.
Buchbeiträge und Adler zeigen klar: In dieser Familie unter Freunden und Künstlern war (und ist) immer jede Menge Humor im Spiel. Das lassen auch die Lesezeichen vermuten, die viele Künstler zu ihren Büchern gestaltet haben und von denen wir eine kleine Auswahl zeigen dürfen: Die „rote Socke“ von Martin Kippenberger, Walther König und Sohn Franz als „Gurke und Würstchen“ von Amelie von Wulfen oder die Röntgen-Aufnahme von Isa Genzkens Rückgrat.
Auf unserem Stand (D 17) kann man sich die ATLAS-Bände, die großen Ideen-Archive von Gerhard Richter anschauen. Von und mit ihm hat Walther König fast 50 Bücher herausgegeben! Auch die allerersten Künstlerbuch-Editionen aus den 60er Jahre sind zu sehen: von Franz Erhard Walther, Alison Knowels, Gilbert & George.
Weitere Highlights stammen von Wolfgang Tillmans und Kippenberger, die wie viele andere Künstler, allen voran Sigmar Polke, in der Buchhandlung ein und aus gingen. Nicht zu vergessen: Die Werkverzeichnisse – eine besondere Herausforderung für jeden Verleger. Wir zeigen ein paar, zu Hanne Darboven, Christian Boltanski und Lawrence Weiner.
Was fehlt? Zwei Bücher:
Eines aus Ihrer Feder, lieber Walther König. Die vielen Geschichten über die Künstler, mit denen Sie zusammengearbeitet und die Sie erlebt haben, sollten einmal erzählt werden. Wenn nicht, gehört dieser Band in die imaginäre Bibliothek der besten Bücher, die nie geschrieben wurden.
Dann eines über die Verlagsgeschichte! Der Anfang ist gemacht. Eine stets weiter anschwellende Liste mit Publikationen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – findet sich auf der Website des Frankfurter Museums für Angewandte Kunst. Dort lief im letzten Jahr „Erfolgsprogramm Künstlerbücher“ mit rund 1000 Editionen aus Walther Königs Werkstatt. Diese Ausstellung wird, nebst besagter Liste, Grundlage für eine Verlagsbiografie sein. Darauf dürfen wir alle gespannt sein.
Und nun – große Spannung und Freude auf die Laudatio von Prof. Dr. Rainer Speck.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Zu Ehren des Preisträgers hatte der BVDG auf seinem Art Cologne-Stand eine Auswahl an Publikationen gezeigt. Die Leihgaben stammten von Walther König selbst - darunter die ersten, Ende der 60er-Jahre entstanden Künstlerbücher, einige Werkverzeichnisse sowie von Künstlern gestaltete Lesezeichen und weitere Highlights aus dem Verlagsprogramm der Buchhandlung Walther König. Sehen Sie hierzu einige Fotos unten.