01.11.2024 | NEW POSITIONS auf der ART COLOGNE 2024

Die NEW POSITIONS auf der ART COLOGNE präsentiert in diesem Jahr 15 Förderkojen mit sieben Künstlerinnen und acht Künstlern. Vom 7.-10. November bietet sich hier Gelegenheit zu neuen Entdeckungen.

Seit 1980, seit knapp 50 Jahren, wird das Projekt NEW POSITIONS auf der ART COLOGNE des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Kunsthändler unterstützt: durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages mit einem jährlichen Projektzuschuss von 35.000 EUR, durch das Land Nordrhein-Westfalen und die Koelnmesse. So konnten seitdem knapp 1.000 junge Künstlerinnen und Künstler mit einer 25 qm großen Koje direkt neben ihren Galerien auf dem Kölner Kunstmarkt präsentiert werden.

Eine Fachjury wählte dafür die überzeugendsten Positionen aus zahlreichen Bewerbungen aus. In diesem Jahr engagierten sich in der Jury Sarah Alberti – Journalistin & Kunsthistorikerin, Leipzig, Dr. Jana Baumann – Senior Curator Haus der Kunst München, Julia Ritterskamp  Kunsthistorikerin und freie Kuratorin und Kunstberaterin, Schwerpunkt Zeitgenössische Kunst, Düsseldorf, Carl Friedrich Schröer – Journalist, Kunstkritiker, Autor, Produzent und Filmemacher, Kurator, Düsseldorf und Claudia Wahjudi – Kunstredakteurin bei tipBerlin und freie Autorin u.a. für Kunstforum International, Berlin.

15 NEW POSITIONS auf der ART COLOGNE in Halle 11.2 :

Für die 1988 geborene Künstlerin Jagoda Bednarsky, präsentiert von der Galerie Van Horn aus Düsseldorf, sind die in Hügellandschaften eingebetteten Brüste das Symbol der Entstehung, der Quelle des Lebens schlechthin. Die griechische Mythologie deutete die am nächtlichen Firmament sichtbare Galaxie, unsere „Milchstraße“, als einen göttlichen Milchstrom aus der Brust von Hera, der Frau des Zeus. Milchgebende Brüste sind aufs engste mit dem Akt des Gebärens verbunden und können auch als Symbol für den Ursprung von Inspiration und künstlerischer Schöpfung gesehen werden. Sie erscheinen als etwas absolut Erstrebenswertes, als mystische Fata Morgana, als etwas weit Unerreichbares, das man aus der Ferne begehrt. Die Künstlerin bezeichnet ihre Bilder als transzendente Refugien. Dieses Somnambule und Sich-Auflösende spiegelt sich auch in der Pinselführung wider.

Philipp von Rosen Galerie aus Köln präsentiert die 1996 geborene Künstlerin Enya Burger, die an der Düsseldorfer Kunstakademie als Meisterschülerin bei Marcel Odenbach studierte. Enya Burgers interdisziplinäre Praxis umfasst Video, immersive Skulpturen und Installationen, die gesellschaftliche Normen und Machtstrukturen dekonstruieren und gleichzeitig das Konzept des „weiblichen Blicks“ etablieren. Beeinflusst von den Naturwissenschaften und theoretischen Diskursen, setzt sich ihre Arbeit kritisch mit gesellschaftlichen Themen und der globalen Ideologie des Fortschritts auseinander, wobei sie analoge und digitale Realitäten miteinander verbindet. Ausgehend von ihren Erfahrungen als queere Frau untersucht Burger Gender und Technologie, insbesondere im Hinblick auf digitale Inklusion und diskriminierende Praktiken innerhalb unseres digitalisierten Alltags und unserer Mediennutzung.

ZAHORIAN & VAN ESPEN aus Bratislava präsentieren den 1995 geborenen Jakub Choma, der an der Akademie für Kunst, Architektur und Design in Prag studierte. In seiner künstlerischen Arbeit nutzt er verschiedene Medien wie Malerei, Assemblage, Skulptur, Ton und Video, kombiniert diese und schafft damit komplexe Installationen, die die menschliche, die körperliche Existenz innerhalb gegenwärtiger digitaler Infrastrukturen thematisieren. Diese wuchernden, raumgreifenden und entgrenzten Installationen zeichnet eine unverwechselbare Ästhetik aus – sie scheinen einem im Digitalen agierenden Denken und Sehen zu entspringen, sind zeitgleich jedoch körperlich präsent und greifbar. Choma fordert den Betrachter heraus, die Grenzen des Natürlichen und des Künstlichen, der einzelnen Medien und unseres eigenen Körpers zu hinterfragen.

Die 1994 in Frankfurt am Main geborene Künstlerin Alyce Ford bei fiebach, minninger schafft skulpturale Kunstwerke, für die sie überwiegend Pappe statt traditioneller Materialien wie Holz, Stein oder Metall nutzt. Das alltägliche Material Pappe bildet die Grundlage für ihre Objekte, die durch Schichtung, Faltung und Verflechtung präzise gebaut werden. Es entstehen imaginäre, architektonische Strukturen, Kartongebäude, die wie Labyrinthe immer nur begrenzte Einblicke durch kleine Öffnungen in das Verborgene, in das Innere der Objekte gewähren. In einigen Arbeiten sind Brunnen im Inneren versteckt oder Spiegel eingebaut, die eine geheimnisvolle Atmosphäre schaffen und die Phantasie des Betrachters herausfordern.

Die 1986 geborene Künstlerin Josephine Jannack bei KLEINDIENST beschreibt ihr künstlerisches Arbeiten als einen von Neugier angetriebenen, stufenartigen Prozess, währenddessen sie mit Papier, Folie, Leinwand und diversen Farbmitteln arbeitet. Sie beginnt mit dem blinden Zeichnen, um sich vom kanonisierenden Blick der klassischen Malerei und Zeichnung zu lösen: die geübte Hand bewegt sich intuitiv im Abtasten der Umwelt und produziert unvorhersehbare Zeichnungselemente, die einen Ausgangspunkt zur Entdeckung neuer Formen und Kompositionen bilden. Ihr kreativer Bildprozess ist eine innere Reflexion und Entdeckung dessen, was hinter der figürlichen, visuellen und realistischen Welt liegt. Aus Zeichnungen entstehen neben den Malereien auch 3D-Objekte. Diese Objekte werden in die zeichnerische Welt zurück transportiert – ein nie endender Gestaltprozess aus der Linie, in die Fläche, in den Raum und viceversa kommt zum Laufen.

Die Petra Rinck Galerie stellt den Künstler Tomas Kleiner vor: mit dem „SPRUNG IN DIE LEERE" ertastet der Künstler gemeinsam mit einem Ficus Benjamini das Spannungsfeld zwischen existenziellem „Entfluchtungs-Szenario“ bis hin zum poetischen Pas-de-deux. Minutiös vorbereitet, abgesichert und mit einer speziellen Highspeed-Kamera aufgenommen, entstehen so videografische Momente der Leichtigkeit menschlicher und pflanzlicher Körper, die zwischen den Modi des Aufsteigens, Fliegens und Fallens changieren.

Fabian Knecht bei alexander levy aus Berlin ist ein hochpolitischer Künstler. 1980 in Magdeburg geboren, war er einige Jahre Meisterschüler von Olafur Eliasson an der UdK Berlin und arbeitete an dessen Institut für Raumexperimente. Fabian Knecht versetzt museale Räume mitten in die Landschaft, in dem er ganze Flächen mit weißen Wänden einhegt – ein doppelbödiger Kommentar zu unserem Umgang mit der Natur. Und: Er reist – nicht erst seit dem russischen Überfall – häufig in die Ukraine. Die Erfahrungen mit den Zerstörungen dort fließen unmittelbar in seine Installationen ein, die er als humanitäre Skulpturen bezeichnet.

Der junge Künstler Eden Naël Liedtke, der von der Thomas Rehbein Galerie präsentiert wird, begleitet zeichnend seinen Transitionsprozess in Form einer tagebuchartigen Auseinandersetzung mit schönen und auch grausamen Erlebnissen, Beobachtungen seiner Umwelt und seiner Innenwelt. Sie halten seinen Erkenntnisprozess fest und stellen Fragen nach der eigenen, sich innerlich wie äußerlich ändernden Identität. Damit gehen sie über das individuelle Reflektieren des eigenen Ich hinaus und thematisieren essentielle Themen des Menschseins: die Entwicklung eines Menschen vom Kind zum erwachsenen Individuum. Ernste Thematiken werden stilistisch stets gepaart mit der Anmut kindlicher Erinnerungen oder kindlicher Unbefangenheit. Die bittersüße Ambivalenz zieht sich durch Liedtkes Werk und öffnet einen berührenden Raum von Mitgefühl, Verständnis und Intimität. Die Präsentation für die Förderkoje trägt den Titel „Alles wird gut, kleine Hexe“. Dazu erscheint ein gleichnamiger, von Elisa Mosch eingeführter Katalog mit der Zeichnungsserie.

EBENSPERGER aus Berlin präsentiert „Things That Are Over“ von Jens Pecho. Mit einem breiten Spektrum an Medien, das von Sound, Text, Fotografie bis hin zu Lichtkunst reicht, setzt der Künstler sich mit Konzepten, Weltanschauungen und persönlichen Erinnerungen an geliebte Menschen auseinander, die durch einen Aspekt miteinander verbunden sind: Ihre Zeit ist vorbei.

Sammeln und Archivieren bilden die grundlegende Methode des künstlerischen Handels von Barbara Proschak bei der Galerie Jochen Hempel, Leipzig. Dabei forscht sie mit ihren Arrangements an den Grenzen des Mediums Fotografie und befragt die Natur, die Gesellschaft, den menschlichen Körper und die damit verbundenen Seh- und Deutungsgewohnheiten aus unterschiedlichen Perspektiven. In ihren seriellen Arbeiten zeigt sich ihre Lust am Erforschen und Experimentieren, sie wiederholt, variiert, ordnet und ordnet neu und verfolgt spielerisch das Konzept des vergleichenden Sehens. Das In-ein-Verhältnis-Setzen des eigenen Körpers zur direkten Umwelt, zu den zu untersuchenden Objekten stellt einen elementaren Aspekt in Barbara Proschaks künstlerischer Praxis dar.

Jahn und Jahn präsentieren die jüngste der Förderkünstlerinnen Aelita le Quémant, die 1999 in Frankreich geboren wurde und ihre Ausbildung an der Münchener Kunstakademie bei Markus Oehlen und Toulu Hassani im Frühjahr dieses Jahres abschloss. Sie ist Teil von Queer:raum, einem Kollektiv aus über 30 Münchener Kreativen und arbeitet zusammen mit Veronica Burnuthian als Duo „Panty Paradise“. Die Malerin arbeitet mit Öl- und Acrylfarben, Collage-Techniken und nutzt Wasserfarben und Gouache bei ihren kleinerformatigen Papierarbeiten. Ihre farbintensiven, überwiegend figurativen Arbeiten reflektieren sowohl private Situationen als auch aktuelles Zeitgeschehen mit Humor, Spaß am Fabulieren und Weitererzählen, mit Sinn für das Absurde aber auch für Bedrohliches, Dunkles und Dramatisches.

Die Arbeiten von Elliott Jamal Robbins, der von der Galerie Nagel Draxler vorgestellt wird, beschäftigen sich mit Polaritäten, insbesondere mit dem aktiven Sehen und dem Angeschaut-Werden. Die zahlreichen Aquarelle und Tuschezeichnungen, die in den letzten Jahren entstanden sind, beziehen sich dabei auf die tägliche Praxis des „thinking on the page". Innere Denkprozesse, ausgelöst durch die Auseinandersetzung mit der visuellen Kultur, die Elliott Jamal Robbins umgibt, stoßen dabei das Zusammenspiel von Pigment, Pinsel und Papier an.

Galerie EIGEN + ART präsentiert die 1993 geborene Künstlerin Madeleine Roger-Lacan, die bei Tim Eitel an der Ecole Nationale Supérieure des Beaux Arts studierte und in Paris lebt. Die Welt in Roger-Lacans Werken schwankt zwischen kränklich-süß und abscheulich, mit Körpern, die mit Landschaften verschmelzen, wobei sie wiederum mit den Spannungen zwischen dem Vertrauten und dem Fremden oder Surrealen spielt. In ihren Bildern nimmt sie besonders die weibliche Sexualität in den Blick, vor allem in Hinblick auf die komplexen Machtgefälle und Fehldeutungen, die in der Beziehung der Geschlechter liegen.

DITTRICH & SCHLECHTRIEM zeigen einen neuen Werkzyklus von Lukas Städler aus seiner fortlaufenden Cruising-Serie sowie neue Arbeiten, die Freunde, Fremde, Tiere und Landschaften dokumentieren. Der Künstler hatte seine erste Einzelausstellung mit der Galerie in Berlin im Sommer 2024 mit Arbeiten, die Themen wie Intimität, Gemeinschaft und Identität erforschten. Unmittelbar daran schloss sich seine erste institutionelle Einzelausstellung HAIN im Fotografiska Berlin an. Städlers Fotografien vermitteln den Eindruck von Anonymität und Universalität, wobei jede Figur und Szene gleichzeitig persönlich als auch universell wirken. Ein weicher Fokus, gedämpfte Töne und verborgene Naturräume prägen die Stimmung seiner Bilder. Das größere Rasterformat seiner neuen Arbeiten kombiniert Abstraktion und Figuration. Städler fängt in einer opernhaften Erzählweise dramatische Stimmungen ein, deren Wirkung durch Opulenz und Kontrast verstärkt werden.

Die Produzentengalerie Hamburg präsentiert Arbeiten des 1991 in Neu-Delhi, Indien, geborenen Künstlers Prateek Vijan. Sie stammen aus seiner in mehreren Kapiteln angelegten, fortlaufenden Serie THEY TOLD ME, AND I BELIEVED IT. Ausgestattet mit einem Reisestipendium, verbrachte Prateek Vijan 2023 einige Zeit in London und befasste sich dort mit der Holzskulptur Tipus Tiger. Ende des 18. Jahrhunderts als mechanischer Musikautomat geschaffen, zeigt die Skulptur die Attacke eines königlichen Tigers auf einen am Boden liegenden europäischen Soldaten. Sie wurde im Zuge des 4. Anglo-Mysore-Krieges von 1799 von britischen Truppen erbeutet und ist heute Teil der Dauerausstellung des Victoria & Albert Museums und zudem Publikumsmagnet. Dabei gehen von Tipus Tiger gleich mehrere Erzählungen aus: die der Auflehnung gegen die Besatzer und des Triumphes über das britische Imperium als auch die des Raubes und der anschließenden Aneignung durch die Kolonialisten. Prateek Vijan fügt durch seine Beschäftigung eine weitere Erzählung hinzu. Unter Pseudonym, mit unterschiedlichen Identitäten versehen, verschaffte er sich Zugang in das geschlossene System des Museums und sammelte, einem Spion gleich, Informationen für eine fiktive Entführung der Skulptur. Die aus dieser Recherche entstandenen Werke umfassen Skulptur, Gravur, Druck und Video.


NEW POSITIONS auf der ART COLOGNE 2024

Künstlerin/ Künstler

Galerie

Standort

Jagoda Bednarsky 

VAN HORN

Halle 11.2   A 210

Enya Burger  

Philipp von Rosen Galerie  

Halle 11.2   B 300

Jakub Choma

ZAHORIAN & VAN ESPEN

Halle 11.2   B 124

Alyce Ford

fiebach, minninger

Halle 11.2   A 222

Josephine Jannack 

KLEINDIENST

Halle 11.2   A 328

Tomas Kleiner

Petra Rinck Galerie

Halle 11.2   B 310

Fabian Knecht

alexander levy

Halle 11.2   A 119

Eden Naël Liedtke

Thomas Rehbein Galerie

Halle 11.2   A 311

Jens Pecho

EBENSPERGER

Halle 11.2   A 310

Barbara Proschak

Galerie Jochen Hempel

Halle 11.2   B 308

Aelita le Quément 

Jahn und Jahn

Halle 11.2   A 424

Elliott Jamal Robbins

Galerie Nagel Draxler

Halle 11.2   B 129

Madeleine Roger-Lacan

Galerie EIGEN + ART

Halle 11.2   A 100

Lukas Städler

DITTRICH & SCHLECHTRIEM

Halle 11.2   A 329

Prateek Vijan 

Produzentengalerie Hamburg

Halle 11.2   A 215

 

weitere Informationen:
BVDG Bundesverband Deutscher
Galerien und Kunsthändler e.V.

Silvia Zörner
T +49 30 – 263 922 980
zoerner@bvdg.de

 

Abb.: Elliott Jamal Robbins, Untitled, 2018 | Courtesy: The artist and Galerie Nagel Draxler Berlin/Cologne/Munich. Foto: Sascha Herrmann.

Elliott Jamal Robbins, Untitled, 2018 | Courtesy: The artist and Galerie Nagel Draxler Berlin/Cologne/Munich. Foto: Sascha Herrmann.