03.12.2025 | Hidden Champions im Deutschen Kunstmarkt | Michael Haas

Gibt es Hidden Champions in der Kultur- und Kreativwirtschaft? Yes! Das Bundeswirtschaftsministerium und der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien haben eine Studie zu diesem spannenden Thema in Auftrag gegeben, die 2025 erschienen ist - natürlich mit einem Kapitel zum Kunstmarkt. Das BVDG-Mitglied Michael Haas ist so ein Hidden Champion und wurde interviewt.

Die Galerie Michael Haas wurde 1976 gegründet und erfreut sich in der Kunstszene hoher Wertschätzung: wegen ihrer hervorragenden Ausstellungen, Publikationen und Leihgaben, die man immer wieder in institutionellen Ausstellungen sehen kann. Die Galerie ist sowohl im Primärmarkt – also im Bereich der zeitgenössischen Kunst – als auch im Sekundärmarkt – also im Kunsthandel – aktiv.

Michael Haas ist nicht nur Galerist und Kunsthändler. Unter einem Pseudonym arbeitet er selbst als erfolgreicher Künstler (Bildhauer). Außerdem ist er, zusammen mit seiner Ehefrau Anna, auch Kunstsammler. Seine Kunstsammlung bzw. Teil davon wurden bereits mehrfach in Museen ausgestellt. In Personalunion verbindet Michael Haas auf einzigartige Weise mehrere Aspekte des Kunstbetriebs: Produktion und Vermarktung, Vermittlung und Rezeption. Im Interview erläutert Haas, was seine Arbeit als sogenannter „Hidden Champion“ ausmacht.

„Es geht mir darum, Menschen für Kunst zu begeistern – sei es, indem sie damit leben, sich intensiver damit beschäftigen oder vielleicht sogar beginnen, zu sammeln.“

Herr Haas, bitte stellen Sie sich und Ihre Galerie einmal vor. Wie kam es zur Gründung und wodurch zeichnet sich die Galerie Michael Haas aus?

Mein Kunsthandel existiert im August 2026 fünfzig Jahre. Zur Gründung kam es, nachdem ich Bildhauerei studiert hatte und ich zu der Feststellung gekommen war, dass es einfacher ist, ein Meisterwerk in einem Bruchteil von Sekunden zu erwerben oder zu ersteigern, zu dem ein Künstler vielleicht Jahre brauchte, als selbst ein Werk herzustellen. Die Leidenschaft für gute Kunst war stets der Treiber für mich, weiterzumachen. Die Galerie zeichnet sich über die Vielfalt und die Qualität der Kunstwerke aus. Aufgrund des umfangreichen Kunstbestands ist die Galerie in der Lage, Museumsausstellungen ausschließlich mit eigenen Werken durchzuführen. In den letzten zwei Jahren hat die Galerie drei Museumsausstellungen mit der eigenen Sammlung gezeigt. Neben dem klassischen Verkauf dieser Werke umfasst unser Portfolio auch weltweite Leihgaben an Museen oder andere Kunstinstitutionen. Nicht zuletzt ist der große Bestand der Galerie darauf zurückzuführen, dass ich selbst eher wie ein Sammler agiere und den eigentlichen Kunstverkauf vernachlässige.

Wie würden Sie Ihre Rolle in der Kultur- und Kreativwirtschaft beschreiben?

Meine Aufgabe sehe ich vor allem darin, als Vermittler zwischen Künstlerinnen und Künstlern sowie Museen und Sammlern zu wirken. Es geht mir darum, Menschen für Kunst zu begeistern – sei es, indem sie damit leben, sich intensiver damit beschäftigen oder vielleicht sogar beginnen, zu sammeln. Auf diese Weise kann Kunst das Leben nachhaltig bereichern.

Viele Werke finden überhaupt erst durch Ausstellungen in unseren Galerieräumen ihren Weg in die Öffentlichkeit. Ich selbst bin über die Beschäftigung mit Kunst und meine eigene künstlerische Tätigkeit in den Kunsthandel gekommen. Diese persönliche Erfahrung hilft mir, die Arbeit und die Bedürfnisse der Künstlerinnen und Künstler gut zu verstehen. Ich weiß z.B., dass die individuellen Lebensumstände für die künstlerische Entwicklung eine entscheidende Rolle spielen können.

Das Entscheidende ist für mich zu vermitteln, dass Kunst kein Einrichtungsgegenstand ist und es nicht um die dekorative Gestaltung einer Wohnung geht. Vielmehr bedeutet sie eine geistige Auseinandersetzung mit der Zeit, in der die Werke entstanden sind. Man erkennt häufig einer Sammlung an, von welchen Kunsthändlern die Sammlerinnen und Sammler beraten wurden. Denn nicht alle haben die Zeit, gezielt nach bedeutenden Werken zu suchen – und oft fehlt auch das Fachwissen, um deren künstlerische Relevanz einzuordnen. Genau hier übernimmt der Kunsthandel eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe: Er spürt Werke auf, stellt Bezüge her und trägt dazu bei, dass Kunst ihren Weg in die richtigen Hände findet. Oft kommen diese Sammlungen später als Schenkung oder Dauerleihgabe in Museen – was wiederum der Öffentlichkeit zugutekommt.

Wie ist es Ihnen gelungen, sich erfolgreich im Kunstmarkt zu positionieren?

Mich im Kunstmarkt zu positionieren ist mir im Wesentlichen durch die Qualität der Kunstwerke, die Seriosität der Arbeit und meine Überzeugung von der Kunst, die wir zeigen, gelungen. Hinzu kommen Ausstellungen und Beteiligungen an internationalen Kunstmessen. Entscheidend ist, international präsent zu sein und neue sowie vielversprechende Märkte für sich zu entdecken.

In den 1990er Jahren habe ich in den USA an Kunstauktionen teilgenommen, bei denen kaum Kunsthändler aus Deutschland waren. Im Zuge einer Erweiterung expandierte die Galerie zudem in die Schweiz nach Zürich. Sowohl die Galerie als auch die Künstlerinnen und Künstler konnten dadurch ihr Netzwerk und ihre internationale Positionierung stärken. Im Kunsthandel sind gute Beziehungen, Seriosität und gegenseitiges Vertrauen zwischen Händlern und Sammlern das A und O. Vertrauensaufbau passiert dabei nicht von heute auf morgen, sondern über einen längeren Zeitraum. Es kommt öfter vor, dass von uns verkaufte Werke Jahre später wieder anvertraut werden. Bei Kaufentscheidungen, z. B. im Rahmen von Auktionen, verlasse ich mich außerdem auf meine Intuition.

Wie blicken Sie auf die aktuellen Entwicklungen des Kunstmarkts?

Trotz aller widrigen Umstände hoffe ich natürlich, dass der Kunstmarkt weiterbesteht. Doch die Veränderungen sind deutlich spürbar: Die junge Generation orientiert sich immer stärker über das Internet. Viele Künstlerinnen und Künstler verkaufen ihre Werke direkt über digitale Plattformen – das erschwert den persönlichen Zugang. Mitunter scheint es, als zähle die Zahl der Follower mehr als das Werk selbst. Das ist eine neue Realität, die sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Gleichzeitig beobachte ich spannende künstlerische Trends: Wissenschaft und Kunst arbeiten enger zusammen, und aus dieser Verbindung entstehen überraschende, inhaltlich tiefgehende Projekte, die neue Perspektiven eröffnen.

Quelle: Hidden Champions in der Kultur- und Kreativwirtschaft, Seite 17 ff.
Hrsg. KREATIVBUND – Bundeszentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft, Berlin 2025.

Die gesamte Studie finden Sie unten als PDF oder hier zum Download.

Einen guten Einblick in die Berliner Galerie Michael Haas bietet dieser Video-Clip auf YouTube.

Michael Haas | Foto: Fritz Buziek Galerie Michael Haas, Ausstellungsansicht | Foto: Sebastian Eggler Galerie Michael Haas, Ausstellungsansicht | Foto: Sebastian Eggler