29.11.2016 | Kulturgutschutz: Alters- und Wertgrenzen für Kulturgüter

Im EU-Binnenverkehr gelten seit dem August 2016 höhere Alters- und Wertgrenzen für die Ausfuhr von Kulturgütern aus Deutschland als in sogen. Drittländer.

Der BVDG wird seinen Mitgliedern alsbald eine Handreichung zu den wichtigsten neuen Bestimmungen des KGSG zur Verfügung stellen. 

Folgende Punkte sind mit Inkrafttreten u.a. zu beachten:

1. Aufbewahrungspflichten
Ob Kunsthandel, Galerie oder Auktionshaus: Geschäftsunterlagen müssen 30 Jahre lang aufbewahrt werden (KGSG § 45).   

2. Genehmigungspflichtige EU-Ausfuhren
Ab bestimmten Wert- und Altersgrenzen benötigen Kunstwerke künftig bei der Ausfuhr innerhalb der EU eine Genehmigung (KGSG § 24). Zuständig sind die jeweiligen Landesbehörden, die hierfür 10 Werktage Zeit haben. Kunstwerke, die sich nachweislich nur zwei Jahre ("vorübergehend") im Inland befinden, brauchen keine Ausfuhrgenehmigung, auch wenn sie die Wert- und Altersgrenzen überschreiten (KGSG § 24, 8).

3. Nationales Kulturgut und staatlicher Ankauf 
Die Forderung nach dem Ankauf eines als "national wertvoll" indizierten Kunstwerkes zum Marktpreis durch die Öffentliche Hand wurde umgesetzt. Dies ist wichtig zu wissen, falls man Eigentümer eines solchen - möglicherweise bei der Ausfuhranmeldung "herausgefilterten" - Werkes ist. Bis zur Entscheidung durch ein Expertengremium können 6 Monate verstreichen. Doch die Sache hat einen Haken: Wenn die Mittel eines öffentlichen Erwerbs nicht aufgebracht werden können, bleibt dem Eigentümer nur, das Objekt entweder gar nicht oder im Inland zu verkaufen. Eine Freigabe zur Ausfuhr, wie in anderen EU-Ländern in solchen Fällen üblich, ist in Deutschland nicht vorgesehen. Erst nach fünf Jahren kann der Betroffene abermals einen Antrag stellen (KGSG § 23, 6-8). 

4. "Negativtestat"
Punkt 2 und 3 gelten nicht nur für den Handel, sondern auch für Privatpersonen, die mit ihren Kunstwerken z.B. innerhalb der EU den Wohnsitz wechseln und ihre Kunstwerke mitnehmen wollen. Betroffene können sich bei Bedarf vorab bestätigen lassen, ob ihr "Kulturgut" potentiell als "national wertvoll" eingestuft werden könnte (KGSG § 14, 7). Dieses sog. "Negativtestat" zur Schaffung von Rechtssicherheit wurde von unserem Aktionsbündnis durchgesetzt.

Ein BVDG-Kunsthändler hat eine anwaltliche Einschätzung über die Sorgfaltspflichten für Kunst vor 1945 eingeholt, die durch das KGSG auferlegt werden - insbesondere für Objekte mit lückenhaften Provenienzen. Das Memorandum beantwortet auch Fragen zu möglichen Haftungsrisiken; auf schriftliche Anfrage kann es BVDG-Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden.

Das Gesetz zur Neuregelung des Kulturgutschutzrechts u.a. rechtliche Grundlagen sind auf der Seite der Bundesregierung aktuell abrufbar.

Adolf Henschel. Kunstbetrachter © BVDG