12.10.2022 | BVDG-Jahresversammlung 2022 – Spotlights
Die Klimakrise, die angespannte weltpolitische Lage und deren Folgen – Energiekrise, Inflation, Rohstoff- und Materialknappheit – wirken sich direkt auf das Galeriegeschäft aus. Sorgen breiten sich dazu aus, zumal auch die Pandemie mit ihren Folgen noch nicht zu Ende ist.
Der Versammlungstag jedoch meinte es sehr gut mit allen: Er begann bei schönstem Wetter und mit einer hervorragenden Stadtführung von Christian Setzepfandt durch die teilrekonstruierte Altstadt der Mainmetropole, die eigentlich durch ihre Hochhäuser berühmt ist. Im Restaurant Emma Metzler des MAK wurden wir dann sehr freundlich empfangen und köstlich bewirtet. Die mit Spannung erwartete Wahl des Vorstands verlief unkompliziert: Anke Schmidt aus Köln wurde neu in den Vorstand gewählt, Kristian Jarmuschek und Thole Rotermund wurden mit einstimmigem Zuspruch und viel Applaus für ihr ehrenamtliches Engagement bestätigt.
Nach der Versammlung wanderten wir über den Eisernen Steg zur Galerie von Anita Beckers. Ein sehr herzlicher Dank geht noch einmal an Anita Beckers und ihre Direktorin Nina Mößle für den gelungenen Ausklang unserer Versammlung! Die intensiven Gespräche und die gute Stimmung dort wurde auch getragen von dem Schlussappell von Albert Baumgarten nach der Diskussion zu gestiegenen Produktionskosten, Kosten für Energie und Transporte: In schwierigen Zeiten sei es angezeigt, zu kooperieren, sich solidarisch und kollegial zu verhalten. Transporte und Fahrten könnten gemeinsam organisiert werden, jeder könne für Kolleg:innen bei Gelegenheit etwas mitnehmen oder -bringen.
Die Versammlung selbst war trotz der Fülle der Informationen kurzweilig und lebendig, Wortmeldungen, Fragen und Statements zeugten von einer positiv-aufgeschlossenen Atmosphäre.
Seit Mitte des Jahres nur noch zu zweit als Vorstand aktiv, legten Kristian Jarmuschek, Thole Rotermund und Birgit Maria Sturm Rechenschaft ab über das vergangene Jahr. Doch zuerst wurde Karin Schulze-Frieling ausgiebig gewürdigt. Jarmuschek machte deutlich, wie angenehm und wirksam die Zusammenarbeit mit ihr gewesen ist. Diese konnte nicht fortgesetzt werden, weil sie sich nach 30 Jahren Tätigkeit im Kunstmarkt zu einem beruflichen Wechsel entschieden hatte.
Dass die Pandemie insgesamt geringere Läsuren, als im ersten Corona-Jahr befürchtet, hinterlassen hat, haben wir insbesondere den staatlichen Förderungen in bisher ungekanntem Umfang zu verdanken: Durch das Galerieförderprogramm NEUSTART KULTUR mit einem Gesamtetat von 16 Mio. EUR konnten in zwei Runden über 900 Anträge von Galerien zu Ausstellungen und Publikationen befürwortet werden. Hilfreich war in der Krise auch das „pandemiebedingte Investitionen“-Förderprogramm, das u.a. die Anschaffung neuer Soft- und Hardware auch im gewerblichen Kunst- und Ausstellungsbetrieb förderte. Und im letzten Jahr um diese Zeit lief das Messeförderprogramm an. Jede Galerie bzw. Kunsthandlung, die an einer der wichtigen deutschen Kunstmesse teilnahm, konnte davon durch reduzierte Standmieten profitieren.
Engagierte Mitstreiter für diese Hilfen waren nicht nur Mitglieder aus den eigenen Reihen wie Thomas Schulte aus Berlin, sondern auch Mitarbeiter:innen aus dem BKM, die sich für die Galerien eingesetzt haben, namentlich Herr Dr. Horst Claussen, Maren Hohensträter sowie Dr. Karin Lingl von der Stiftung Kunstfonds.
Mit der Einsetzung von Michael Kellner (Staatssekretär im BMWK) und Dr. Andreas Görgen (Amtschef der BKM) als Ansprechpartner der Bundesregierung für die Kultur- und KreativWIRTSCHAFT werden die Belange der Unternehmen aus diesem Bereich in Zukunft hoffentlich politisch stärker wahrgenommen und effektiver adressiert werden können. Dies ist ein Erfolg unseres Bündnisses „k3d“ mit mächtigen Verbänden aus der Musikindustrie, Film, Games und Verlagen, in dem sich seit seiner Gründung Birgit Maria Sturm für den BVDG engagiert.
Unser zehn Jahre langer Kampf zur Wiedereinführung der ermäßigten Mehrwertsteuer für den gewerblichen Kunsthandel hatte im März dieses Jahres Erfolg: Die EU-Mehrwertsteuer-Richtlinie wurde geändert. Damit wird der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für gewerbliche Kunstverkäufe wieder möglich. Der Katalog der Güter und Dienstleistungen, auf die künftig ermäßigte Mehrwertsteuersätze in der EU angewandt werden dürfen, ist sehr umfangreich. Es kommt nun auf die Umsetzung in deutsche Steuergesetzgebung an. Wir werden dafür kämpfen, dass bei der Entscheidung, was in Deutschland künftig steuerbegünstigt sein kann, der gewerbliche Kunstverkauf nicht vom Tisch gewischt wird zugunsten derjenigen Güter, die zu den politischen Zielsetzungen beitragen: zur Verringerung von CO2 und zur Inflationsbewältigung.
Dies ist selbstverständlich für die Gesellschaft und für uns Alle von größter Wichtigkeit. Aber wir appellieren an das Versprechen der AMPEL, künftig „freie Kulturorte wie Galerien zu unterstützen“. Und da steht die nunmehr von der EU ermöglichte Wiedereinführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für gewerblich verkaufte Kunstwerke an erster Stelle.
Geldwäscheprävention, der fatale Anstieg des Künstlersozialabgabesatzes von 4,2% auf 5% im nächsten Jahr, und die Evaluation des Kulturgutschutzgesetzes waren unsere weiteren Themen.
Erfreulich wurde es mit dem Tagesordnungspunkt Kooperationspartner. Unsere in den letzten Jahren geschmiedeten Bündnisse, Achsen und Allianzen machen uns stark und schaffen mehr Resonanzraum für Galerien und den Kunstmarkt.
Dazu gehören auch ganz besonders unsere Fördermitglieder, die uns mit ihrem Know-how, ihren Netzwerken und finanziellen Mitteln unterstützen. Gerade erst haben alle Teilnehmer:innen auf unserem Praxistag in Köln intensiv lernen können von Dr. Tina Berking zu Urheberrechtsfragen, Florian Greiner von der Deltax zu Neuigkeiten aus dem Steuer-Orbit, Dr. Thomas Schneider von Hasenkamp zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Transport und Logistik, von Kerstin Gold zur Zukunft des digitalen Sammelns, von Dr. Stephan Zilkens zu Versicherungen gegen Cybercrime, von Dino Lewkowicz von 4ARTechnology zu den Chancen von Blockchain & Co.
Weiter ging es mit den Förderprogrammen von Kreativ-Transfer, unserer vom BMWK geförderten Markterkundungsreise nach Kopenhagen. Darüber berichteten Maria Morais und Silvia Zörner mit Blick auf die Fortsetzung dieser Initiativen und mit der Einladung an die anwesenden BVDG-Mitglieder, sich diese Chancen nicht entgehen zu lassen.
Nach dem Finanzbericht und dem Bericht der Kassenprüfer:innen konnte der Vorstand entlastet werden.
Der letzte Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ bot Raum für Fragen, Anmerkungen und spezielle Anliegen. Hier bat Birgit Maria Sturm auch um Statements zum veränderten Kostenapparat durch die Energiekrise und die Inflation: Wie gehen die Galerien mit den gestiegenen Produktionskosten für Kunstwerke oder Publikationen um, wie wirken sich die Energie-, Transport- und Materialkosten auf die Preiskalkulation aus. Welche Möglichkeiten der Kompensation kann man nutzen, welche individuellen Lösungen gibt es bisher?
Wir danken allen Mitgliedern in der Versammlung noch einmal für ihre aktive und zugewandte Teilnahme und die dadurch entstandene positive Arbeitsatmosphäre! Wir haben viel vor. Mit Ihnen und alle gemeinsam können wir sehr viel erreichen.