19.12.2014 | MWSt. für Kunstgegenstände – Die Würfel sind gefallen

Durch den am 18.12.2014 veröffentlichten restriktiven Anwendungserlass wird die gesetzlich vorgesehene 30%-Pauschalmarge für Galerien und Kunsthändler de facto unanwendbar gemacht.

Mit der Pauschalmarge wurde vom Gesetzgeber ein Ausgleich für die Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Kunstverkäufe etabliert – mit Geltung seit 1. Januar 2014. Mit dem nun vorliegenden Anwendungserlass lassen die Finanzminister der Länder die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit ihrer Anwendung durch Kunstmarktakteure entgegen dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers ins Leere laufen.

Der Gesetzgeber hatte in seiner Begründung des neu geschaffenen § 25a UStG ausdrücklich formuliert: „Die Änderung soll ... Nachteile ausgleichen, die dem gewerblichen Kunsthandel durch den Wegfall des ermäßigten Umsatzsteuersatzes ... entstehen. Eine Schwächung des Kunststandorts Deutschland soll hierdurch vermieden werden. Die Vorschrift entspricht einer in Frankreich geltenden Regelung.

Der nun veröffentlichte Anwendungserlass ist de facto für den Kunsthandel ein Nicht-Anwendungserlass der Finanzverwaltung zu einer vom Gesetzgeber beschlossenen gesetzlichen Regelung – ein auch mit Blick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz nur schwer zu ertragender Vorgang. Die Finanzbehörden der Länder haben die Verkaufsfördermaßnahmen als Grundlage für die Nichtermittelbarkeit der Einkaufspreise von Kunstwerken als Voraussetzung für die Pauschalmarge ausdrücklich nicht anerkannt. Damit fällt Deutschland gegenüber Frankreich weit zurück. Die französischen Regelungen, die in der deutschen Gesetzesbegründung klar als Vorbild genannt sind, werden von der hiesigen Finanzverwaltung ignoriert.

Die Differenzbesteuerung hingegen bleibt erhalten und ist auch für Galerien anwendbar, die im Primärmarkt tätig sind und Kommissionsgeschäfte in Zusammenarbeit mit Künstlern durchführen. Bitte beachten Sie das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (unten zum download: pdf (64 KB), S. 9), das Sie umgehend Ihrem Steuerberater übermitteln sollten.

Im neuen Jahr werden wir uns weiterhin für eine kunstmarktfreundliche Lösung auf EU-Ebene einsetzen. Wir fordern, was selbst die uneinsichtigsten Länderfinanzminister in Aussicht gestellt haben: die jetzt getroffene Entscheidung gegen die Pauschalmarge zu überdenken, wenn die französischen Regelungen einer europarechtlichen Überprüfung standhalten.

Ende November hat der Finanzkommissar der EU, Pierre Moscovici, in einer Stellungnahme die Zulässigkeit von steuerlichen Kompensationen für Kunstgegenstände in den Mitgliedstaaten betont.

Allen unseren Mitgliedern, allen Galeristen und Kunsthändlern wünschen wir trotz allem erholsame Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr!

Lesen Sie in der online-Ausgabe des Handelsblattes auch den Artikel von Christiane Fricke: Mehrwertsteuer-Erlass: Ein Schlag ins Kontor vom 19.12.2014

 

Nachtrag v. 30.09.2015:
Otto-Gerd Lippross, Keine Anwendung der Differenzbesteuerung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Kunstgegenständen vom Urheber?, UR Heft 16/2015, S. 618-620. Der Autor kommt in seinem Artikel zu dem Schluss, dass die Nichtanwendbarkeit der Differenzbesteuerung für den Kunsthandel beim Verkauf eines Kunstwerkes, welches er von einem Urheber innerhalb der EU erworben hat, gegen EU-Recht verstößt. Entgegen dem Wortlaut des § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG muss die Differenzbesteuerung auch für den Verkauf von innergemeinschaftlich erworbenen Kunstwerken möglich sein.
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